Der Pluto-Archetyp

Der Magier – Macht, Tabu und Transformation in der Astrologie

Der Magier ist einer der mächtigsten und ambivalentesten Archetypen der menschlichen Psyche. In der Astrologie wird er vor allem mit Pluto assoziiert – dem Planeten der Unterwelt, der Zerstörung und der Wiedergeburt. Pluto regiert den Skorpion, das Zeichen der Extreme: Leben und Tod, Licht und Schatten, Macht und Ohnmacht. Jeffrey Wolf Green, Begründer der Evolutionären Astrologie, betont, dass Pluto der Schlüssel zu jedem Horoskop ist. Für ihn ist Pluto nicht nur ein Planet, sondern der Ausgangspunkt jeder tiefgreifenden astrologischen Analyse. Denn Pluto zeigt uns, wo wir unsere größte Macht – und unsere tiefsten Ängste – vergraben haben.

1. Pluto als astrologischer Schlüssel: Jeffrey Wolf Greens Perspektive

Jeffrey Wolf Green lehrt, dass Pluto die Seelenabsicht eines Menschen offenbart. Er steht für den evolutionären Impuls, der uns durch Inkarnationen begleitet. Pluto zeigt, wo wir in früheren Leben blockiert waren, welche Tabus wir durchbrechen müssen und welche Macht wir durch Transformation gewinnen können. In der Horoskop-Deutung beginnt Green immer mit Pluto, denn hier liegt der Kern der individuellen Entwicklung: Was müssen wir loslassen, um uns zu befreien? Was ist der „Pakt“, den wir mit dem Schicksal geschlossen haben – und was ist der Preis?

Pluto ist der Planet der radikalen Verwandlung. Er zwingt uns, in die Unterwelt hinabzusteigen, um gestärkt wieder aufzuerstehen. Diese Reise ist magisch – im wahrsten Sinne des Wortes.

Kindheit: Gewalt, Ausgrenzung und der erste Bruch mit der Welt

Jeffrey Green wurde als ältester Sohn einer armen fünfköpfigen Familie geboren. Sein Vater, ein Künstler, hatte im Zweiten Weltkrieg gegen Japan gekämpft und musste danach seine künstlerischen Träume begraben, um die Familie zu ernähren. Die Familie war von Armut und emotionaler Kälte geprägt. Doch die eigentliche Hölle begann mit der Mutter: Sie misshandelte Jeffrey und seine Geschwister körperlich und psychisch so schwer, dass die Kinder schließlich in ein Waisenhaus gebracht wurden. Als sie zurückkehrten, wurden sie von den Eltern ignoriert und als „schwarze Schafe“behandelt.

Jeffrey fühlte sich ausgestoßen und floh in die Natur – statt zur Schule zu gehen, verbrachte er seine Zeit am Strand beim Surfen. Mit 14 begann er, Alkohol zu trinken, um die innere Leere zu betäuben. Seine Jugend war geprägt von Wut, Schuld und dem Gefühl, nirgends dazuzugehören – ein klassisches plutonisches Muster von Verlust, Gewalt und Isolation.

Der Wendepunkt: Gewalt, Schuld und die erzwungene Initiation in Vietnam

Mit 18 Jahren fuhr Green betrunken Auto und verursachte einen Unfall. Es kam zu einer heftigen Schlägerei, bei der der Unfallgegner fast starb. Green wurde verhaftet und vor die Wahl gestellt: Gefängnis oder Militärdienst in Vietnam. Er entschied sich für Letzteres – eine Entscheidung, die ihn direkt in den plutonischen Abgrund des Krieges führte.

In Vietnam erlebte er die Hölle auf Erden:

  • Er wurde Zeuge des bestialischen Todes seines besten Freundes – ein Trauma, das ihn zeitlebens verfolgte.
  • Um zu überleben, griff er zu Drogen.
  • Kurz vor der Evakuierung traf er in einem Dorf auf einen buddhistischen Mönch, der ihn während einer 18-stündigen Wartezeit hypnotisierte. Green beschrieb dies später als den Beginn einer „telepathischen Programmierung“, die ihn unwiderstehlich zur Spiritualität zog.

Rückkehr und spirituelle Suche: Von Drogen zu den Wölfen

Nach seiner Rückkehr in die USA wurde Green wegen seiner psychischen Probleme (u.a. Platzangst) für den Bürodienst eingeteilt. Seine Wohnung grenzte an den Ashram von Paramahansa Yogananda – und plötzlich verbrachte er immer mehr Zeit dort. Er war überzeugt, dass der buddhistische Mönch aus Vietnam ihn hypnotisch-telepathisch dorthin „gelenkt“ hatte.

Doch die USA fühlten sich wie ein Gefängnis an. Green brach auf und reiste nach Mexiko, wo er sich einer Hippie-Gruppe anschloss. Dort traf er einen Navajo-Schamanen, der ihm – ohne gemeinsame Sprache – telepathisch mitteilte: „Bruder, folge mir.“ Sechs Monate lang führte ihn der Schamane in die Geheimnisse des Peyote ein, einer psychedelischen Pflanze, die ihm die „Vision der Amsel“ (telepathische Kommunikation) eröffnete.

Eines Tages begegnete Green einem Wolfsrudel. Die Wölfe erlaubten ihm telepathisch, mit ihnen zu ziehen – drei Wochen lebte er unter ihnen. Diese Erfahrung veränderte ihn für immer. Er fügte seinem Namen „Wolf“ hinzu, als Symbol für seine wilde, ungebändigte Seele.

Mönchstum, Astrologie und die göttliche Offenbarung

Nach seiner Zeit mit den Wölfen verbrachte Green zwei Jahre als Mönch in einem Vedanta-Kloster in Kalifornien. Später reiste er nach Nepal, auf der Suche nach spiritueller Wahrheit.

Als er erstmals mit Astrologie in Kontakt kam, lehnte er sie zunächst ab – aus „spiritueller Überheblichkeit“. Doch als er ein Astrologiebuch las, hatte er eine Vision: Er sah sich als bedeutenden Astrologen. In den folgenden Jahren träumte er jede Nacht von göttlichen Kräften, die ihn in Astrologie unterrichteten.

1976 begann er in einem astrologischen Bücherladen in Seattle zu arbeiten. Doch der eigentliche Durchbruch kam 1977, als er einen Traum von Swami Sri Yukteswar hatte – dem Guru von Paramahansa Yogananda. In diesem Traum wurde ihm das gesamte Paradigma der Evolutionären Astrologie offenbart. Green begann sofort, darüber zu referieren, und legte damit den Grundstein für eine völlig neue astrologische Schule.

Die Evolutionäre Astrologie: Plutos Botschaft an die Welt

Greens astrologisches Weltbild basiert auf drei Säulen:

  1. Reinkarnation und Karma: Die Seele entwickelt sich über viele Leben hinweg.
  2. Pluto als Seelenplanet: Pluto zeigt, wo wir unsere tiefsten Ängste und Blockaden transformieren müssen.
  3. Die Mondknoten als Seelenkompass: Der südliche Mondknoten (Vergangenheit) und der nördliche Mondknoten (Zukunft) weisen den Weg der Seele.

Sein berühmtestes Werk, „Pluto: Die evolutionäre Reise der Seele“ (1985), wurde in zehn Sprachen übersetzt. Green betonte immer: „Wir leben nicht nur, um zu überleben. Wir sind hier, um uns zu wandeln.“

Vermächtnis: Ein polarisierender Visionär

Jeffrey Wolf Green polarisierte wie kaum ein anderer Astrologe:

  • Kritiker warfen ihm „karmischen Determinismus“ vor.
  • Anhänger sahen in ihm einen spirituellen Revolutionär, der die Astrologie von einer Schicksalsdeutung zu einer Wissenschaft der Seelenentwicklung machte.

Heute wird seine School of Evolutionary Astrology weltweit unterrichtet. Seine Tochter, Deva Crystal Green, führt sein Werk fort.

Fazit: Ein Leben als plutonische Heldenreise

Jeffrey Wolf Greens Biografie ist ein lebendiges Beispiel für die plutonischen Archetypen:

  • Zerstörung (Gewalt, Krieg, Trauma).
  • Transformation (Drogen, Schamanismus, Wölfe).
  • Erleuchtung (Träume, Astrologie, Evolutionäre Lehre).

Sein Leben zeigt: Pluto zwingt uns an unsere Grenzen – doch genau dort beginnt die wahre Evolution der Seele.

Frage an dich: Wie siehst du die Verbindung zwischen extremen Lebenserfahrungen (wie Greens Jugend oder Vietnam) und spiritueller Entwicklung? Hast du selbst schon „plutonische“ Krisen erlebt, die dich verändert haben?

2. Der Magier: Zwischen schwarzer und weißer Magie

Magie ist immer mit einem Pakt verbunden – sei es mit sich selbst, mit dem Unbewussten oder mit äußeren Mächten. Der tibetische Yogi Milarepa verkörpert diese Reise: Von der schwarzen Magie, mit der er Rache übte, zur Erleuchtung in einem einzigen Leben. Sein Weg zeigt, dass Magie nicht gut oder böse ist, sondern ein Werkzeug der Transformation. Der Preis? Die Konfrontation mit dem eigenen Schatten.

Ähnlich verhält es sich bei Faust und Mephisto: Fausts Pakt mit dem Teufel ist der Inbegriff des magischen Paktes. Was bekommt er dafür? Ewige Jugend, Wissen, Macht – doch der wahre Lohn ist die Überwindung der größten Angst: den Tod des Ego. Der Preis ist hoch: die ewige Verdammnis oder, psychologisch gesehen, die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit.

Milarepa (1052–1135) gilt als einer der größten Yogis und Dichter Tibets. Sein Leben ist ein einzigartiges Beispiel dafür, wie der plutonische Magier-Archetyp sich in einer einzigen Biographie entfalten kann: von der tiefsten Dunkelheit zur vollkommenen Befreiung.

Der Abstieg in die Dunkelheit

Milarepas Jugend war geprägt von Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Nach dem Tod seines Vaters wurde der Besitz der Familie von Verwandten an sich gerissen. Seine Mutter, voller Rachsucht und Verbitterung, drängte Milarepa, die Kräfte der schwarzen Magie zu erlernen, um Vergeltung zu üben.

Milarepa gehorchte – und wurde ein Magier der Zerstörung. Durch Zauber und Rituale ließ er ganze Häuser einstürzen, Menschen starben durch seine Handlungen. Er tat, was Pluto oft verlangt: den Abstieg in die tiefste Dunkelheit, das Leben an der Schwelle von Schuld und Tod.

Der Wendepunkt

Doch Milarepa blieb nicht dort. Schuld und Reue brannten sich in seine Seele. Der zerstörerische Gebrauch von Macht konnte ihm nicht genügen. Er suchte einen Lehrer – und fand Marpa, den großen Übersetzer und Yogi.

Marpa aber war gnadenlos. Er prüfte Milarepa mit jahrelangen, scheinbar sinnlosen und brutalen Aufgaben. Türme musste Milarepa bauen und wieder einreißen. Immer wieder wurde er abgewiesen, erniedrigt, an den Rand seiner Kräfte geführt.

Hier wirkt Pluto in seiner archetypischen Kraft: die totale Zerstörung des Ego, das Durchleben von Ohnmacht und Demütigung. Nur durch diesen Tod des Alten konnte Milarepa zur Transformation fähig werden.

 

Die Wiedergeburt

Nachdem Milarepa diese Prüfungen überstand, begann seine eigentliche Praxis. Er zog sich in Höhlen zurück, meditierte jahrelang, sang Lieder über das Dharma, und erlangte schließlich die höchste Erleuchtung – in nur einem einzigen Leben.

Aus dem schwarzen Magier, der durch Rache und Zerstörung Karma anhäufte, wurde ein weißer Magier, ein erleuchteter Yogi, dessen Lieder bis heute Menschen inspirieren.

Pluto und die Magie

Milarepas Weg zeigt Pluto in seiner ganzen Bandbreite:

  • Schwarze Magie: Macht, Rache, Zerstörung, Schuld.
  • Zerstörung des Ego: Die gnadenlosen Prüfungen Marpas.
  • Weiße Magie: Heilung, Transformation, Licht.

Er verkörpert die Wahrheit, dass Pluto den Weg von Tod und Wiedergeburt, von Dunkelheit und Licht, in sich trägt – und dass beides zu ein und derselben Kraft gehört.

Warum Milarepa plutonisch ist

Jeffrey Wolf Green beschreibt Pluto als den Entwicklungsweg der Seele durch Konfrontation mit ihren dunkelsten Inhalten. Milarepa durchlebt genau diesen Prozess – nicht über viele Leben, sondern komprimiert in einem einzigen. Darin liegt seine Größe und sein Symbolwert.

Milarepa erinnert uns daran: selbst wer die dunkelsten Taten begangen hat, kann durch radikale Transformation zur Befreiung gelangen. Pluto zerstört – und gebiert neu.

3. Der Preis der Magie: Macht und Verlust

Magie gibt – und Magie nimmt. Schwarze Magie verspricht Macht über andere, doch ihr Preis ist oft die eigene Seele. Weiße Magie hingegen fordert den Tod des Ego, die Hingabe an etwas Größeres. Beide Wege sind plutonisch: Sie führen durch die Unterwelt, durch Schmerz und Verwandlung.

Ein modernes Beispiel ist Richard Nixon: Sein „Pakt“ war der Machtgewinn um jeden Preis – Watergate wurde zu seinem Fall. Sein „Geschenk“? Die Erkenntnis, dass absolute Macht absolut korrumpiert. Oder der „Drogenfeldzug“ und der Vietnamkrieg: Beide zeigen, wie Machtmissbrauch und Verdrängung (Pluto!) ganze Gesellschaften zerstören können.

4. Freud: Der Magier der Moderne

Sigmund Freud war vielleicht einer der größten Magier des 20. Jahrhunderts. Mit der Entdeckung des Unbewussten durchbrach er ein uraltes Tabu – und gewann Macht über seine Patienten. Die Psychoanalyse ist eine Form der weißen Magie: Sie enthüllt Verdrängtes, heilt durch Bewusstwerdung. Doch auch Freud zahlte einen Preis: Sein Mundkrebs, der ihm die Stimme nahm, kann symbolisch als „Strafzahlung“ für das Sprechen über das Unaussprechliche gelesen werden.

Freuds Werk zeigt: Das Tabu ist plutonisch. Es wirkt wie Magie, weil es im Verborgenen Macht ausübt. Wer Tabus bricht, wird zum Magier – doch er muss mit den Konsequenzen leben.

Sigmund Freud (1856–1939), Begründer der Psychoanalyse, war kein Magier im klassischen Sinn – und doch verkörpert er den plutonischen Archetyp in seiner reinsten Form. Er entdeckte ein verborgenes Reich, das „Unbewusste“, und erlangte damit Macht über das Verständnis des Menschen. Seine Arbeit war ein Tabubruch, ein magischer Akt – und wie jeder Magier zahlte auch Freud einen Preis.

Das Verborgene ans Licht holen

Pluto herrscht über das, was verdrängt, tabuisiert, unsichtbar ist. Freud wandte sich genau dorthin: zu den Träumen, zu den verdrängten Wünschen, zu den sexuellen Impulsen.

Er enthüllte, dass das menschliche Leben nicht vom rationalen Ich beherrscht wird, sondern von unbewussten Trieben und Konflikten. Damit stieß er auf ein plutonisches Tabu: Die Kultur, die sich auf Vernunft und Moral gründet, musste anerkennen, dass in ihrem Inneren dunkle, chaotische Kräfte wirken.

Freud als Magier

Was Freud tat, ähnelt dem Werk des Magiers:

  • Er entdeckte eine unsichtbare Welt (das Unbewusste).
  • Er schuf Rituale (die psychoanalytische Sitzung, das freie Assoziieren, die Traumdeutung).
  • Er beanspruchte Deutungshoheit – seine Patienten waren abhängig davon, was er in ihren Worten und Träumen „sah“.

Die Macht, die er gewann, war keine politische, sondern eine psychologische. Doch auch diese Macht entspringt Pluto: Wer den Zugang zum Verborgenen kontrolliert, beherrscht die Seele.

Der Preis

Pluto verlangt Opfer. Freud zahlte mehrfach:

  • Er verlor Freunde und Schüler, die sich von ihm abspalteten (Adler, Jung).
  • Er isolierte sich intellektuell immer mehr, verteidigte seine Theorie dogmatisch – eine Form von Machtbesessenheit.
  • Und schließlich sein Körper: Freud erkrankte an schwerem Mundkrebs, der ihm im wahrsten Sinne das Sprachorgan raubte – die Stimme, mit der er seine Deutungshoheit ausübte.

Symbolisch könnte man sagen: Der Preis seiner plutonischen Macht war der Verlust des Organs, das ihm diese Macht verliehen hatte.

Freud und die Tabus

In Jeffrey Wolf Greens Pluto-Astrologie sind Tabus zentral. Pluto ist die Kraft, die uns zu dem drängt, was wir nicht sehen wollen, was gesellschaftlich „verboten“ ist. Genau das tat Freud:

  • Das Tabu der Sexualität – er machte die Libido zur Grundkraft der Psyche.
  • Das Tabu der Kindheit – er sprach von infantiler Sexualität, vom Ödipuskomplex.
  • Das Tabu des Todestriebs – er erkannte, dass auch die Selbstzerstörung zur Seele gehört.

All dies machte ihn zu einem kulturellen Schock. Er brach die größten Tabus seiner Zeit – und damit veränderte er das kollektive Bewusstsein des Westens.

Freud als Pluto-Archetyp

  • Der Entdecker: Er bringt das Verborgene ans Licht.
  • Der Magier: Er schafft Rituale und beherrscht das Feld der Deutung.
  • Der Tabubrecher: Er enthüllt, was nicht enthüllt werden sollte.
  • Der Preis: Krankheit, Isolation, Verlust der Stimme.

Freud ist einer der größten Magier des 20. Jahrhunderts. Nicht, weil er Zaubertricks vollführte, sondern weil er das Unsichtbare sichtbar machte und damit die Kultur unwiderruflich veränderte. Seine Magie war die Sprache, die Deutung, das Wort – und wie jeder Magier musste er erfahren, dass Pluto den Preis am Ende immer einfordert.

5. Magie und Wissenschaft: Die Alchemie der Moderne

Die moderne Wissenschaft ist eine Weiterführung der Alchemie – und die Alchemie ist Magie. Die Atombombe ist ein plutonisches Symbol par excellence: Plutonium, benannt nach dem Gott der Unterwelt, steht für die ultimative Macht – und die ultimative Zerstörung. Oppenheimer, der „Vater der Bombe“, zitierte nach dem ersten Test die Bhagavad Gita: „Ich bin der Tod, der Zerstörer der Welten.“ Hier wird der Magier zum Schöpfer und Vernichter zugleich.

Auch Einstein (mit seinem Fische-Archetyp) berührte diese plutonische Sphäre: Seine Gleichungen machten die Bombe möglich. Die Frage ist: War das Magie – oder Hybris?

6. Der Magier als Projektion: Charisma und Dämonie

Ein Magier hat  keine „eigene“ Macht – sie wird ihm von anderen zugeschrieben. Charisma ist die Projektion der Masse auf eine Person, die archetypisch Macht verkörpert. Hitler war kein Magier im klassischen Sinne, doch er nutzte die plutonische Energie des Kollektivs: die Angst vor dem Tod, die Sehnsucht nach Erlösung, die Bereitschaft, sich einem „Führer“ hinzugeben.

Gleiches gilt für Gurus: Sie versprechen Erleuchtung, doch oft ist ihr wahres „Geschenk“ die Konfrontation mit der eigenen Schattenseite. Der Guru ist ein Spiegel – und der Preis für seine Lehren ist die Bereitschaft, sich selbst zu sehen.

Adolf Hitler (1889–1945) ist eines der dunkelsten Beispiele des Pluto-Archetyps. Sein Aufstieg und Untergang zeigen die extreme Macht der Projektion: Eine ganze Gesellschaft übertrug ihre unbewussten Ängste, Wünsche und Schatten auf eine einzige Person. Das Charisma, das ihn umgab, war nicht seine eigene Macht – sondern die gebündelte Energie des Kollektivs.

Charisma als Projektion

Charisma ist ein magischer Vorgang. Es ist die Fähigkeit, dass andere in einem Menschen etwas sehen, was sie selbst in sich tragen, aber nicht leben können. Der charismatische Führer wirkt wie ein Spiegel, in den die Masse ihre Sehnsucht, ihre Angst, ihre verdrängten Triebe hineinlegt.

Hitler verkörperte das, was Pluto am radikalsten sichtbar macht:

  • Macht und Ohnmacht – er versprach einer gedemütigten Nation die Wiederauferstehung.
  • Licht und Schatten – er stilisierte sich zum Erlöser, während er Tod und Vernichtung brachte.
  • Leben und Tod – er schuf einen Kult um Vitalität, Rasse und Blut, der im Massensterben endete.

Der Pakt mit der Masse

Hitlers „Pakt“ war nicht mit einem Teufel, sondern mit dem Volk. Er bot einfache Lösungen, totale Identifikation und das Versprechen von Größe. Die Menschen zahlten mit ihrer Freiheit, ihrem kritischen Bewusstsein – und am Ende mit ihrem Leben.

Wie bei allen Magiern war die Macht nicht in ihm selbst, sondern in der kollektiven Projektion. Hitler wurde zum Gefäß für die unbewussten Kräfte einer Nation.

Pluto und der Schatten

Jeffrey Wolf Green betont, dass Pluto uns zwingt, den Schatten zu sehen – das, was wir nicht anerkennen wollen. Hitler war der Schatten Europas: Rassismus, Antisemitismus, Größenwahn, Gewalt – all das, was lange im Verborgenen gärte, trat nun offen hervor.

Psychologisch gesehen war er ein Katalysator. Er entzog dem Kollektiv die Maske der Zivilisation und machte sichtbar, was im Unbewussten der Gesellschaft verborgen lag.

Die Magie der Masse

Die Massenaufmärsche, die Reden, die Symbole – all das hatte rituellen, magischen Charakter. Hakenkreuz, Fackeln, Fahnen – sie wirkten wie archetypische Zauberformeln, die eine kollektive Trance erzeugten. Pluto wirkte hier in Form von kollektiver Besessenheit.

Doch wie bei aller Magie kam der Preis: totale Zerstörung, Millionen Tote, ein verbranntes Land.

Der Untergang

Pluto erlaubt keine einseitige Vereinnahmung der Macht. Wer sie für Kontrolle, Zerstörung und Ego-Erhöhung benutzt, wird am Ende von ihr verschlungen. Hitlers Untergang im Bunker ist die logische Folge: totale Ohnmacht, Selbstvernichtung.

Hitler als Archetyp

  • Das Charisma: Die Projektion der Masse auf einen Führer.
  • Der Pakt: Größe und Einheit im Austausch für Freiheit und kritisches Denken.
  • Die Magie: Rituale, Symbole, kollektive Besessenheit.
  • Der Preis: Vernichtung, Tod, Untergang.

Hitler ist das dunkelste Spiegelbild des Pluto-Magiers: Er zeigt, dass Macht, die nur auf Projektion und Schatten beruht, unausweichlich im Desaster endet. Sein „Charisma“ war nichts anderes als ein Spiegel für das Unbewusste einer ganzen Gesellschaft.

7. Guru, Schamane und das magische Denken: Archetypen der plutonischen Führung

Der Guru: Spiegel und Projektion

Der Guru ist eine der mächtigsten Manifestationen des plutonischen Magier-Archetyps. Traditionell sucht der Schüler nach einem äußeren Lehrer, der den Weg zur Erleuchtung weist. Doch der Guru ist oft nur ein Spiegel: Er zeigt uns, was wir selbst nicht sehen wollen. Seine wahre Macht liegt nicht in ihm selbst, sondern in der Projektion seiner Schüler.Der Guru verkörpert das, was wir im Verborgenen verehren oder fürchten – und fordert uns auf, es in uns selbst zu erkennen.

In der Astrologie zeigt Pluto, wo wir nach äußeren Autoritäten suchen – und wo wir lernen müssen, unsere eigene innere Führung zu werden. Jeffrey Wolf Green betont, dass Pluto uns lehrt, die Gurus in uns selbst zu finden: durch die Integration unserer Schatten, durch die Übernahme von Verantwortung für unser Schicksal.

Der Schamane: Wanderer zwischen den Welten

Der Schamane ist ein weiterer plutonischer Archetyp. Er steigt in die Unterwelt hinab, um Heilung und Weisheit für die Gemeinschaft zu holen. Sein Werkzeug ist die Magie – doch sein wahres Geschenk ist die Fähigkeit, die unsichtbaren Kräfte sichtbar zu machen. Der Schamane weiß, dass alles verbunden ist, und dass die größte Macht im Verborgenen wirkt.

Kinder verstehen das intuitiv: Magisches Denken ist ihre natürliche Sprache. Für sie ist die Welt voller unsichtbarer Kräfte, voller Geister und Wunder. Doch mit der Zeit verlernen wir diese Sicht. Der Schamane – und der erwachte Pluto-Mensch – erinnert uns daran, dass die Welt mehr ist, als wir sehen.

Das magische Denken: Die Sprache der Seele

Magisches Denken ist nicht kindisch, sondern ursprünglich. Es ist die Sprache der Seele, die weiß, dass Gedanken und Gefühle die Realität formen. Pluto lehrt uns, diese Kraft bewusst zu nutzen – nicht, um andere zu manipulieren, sondern um uns selbst zu verwandeln.

8. Pluto: Jenseits der Dualität – Der eigene Guru

Pluto steht für die extremsten Gegensätze: Leben und Tod, Schwarz und Weiß, Gut und Böse. Doch als transpersonaler Planet transzendiert er diese Dualität. Jeffrey Wolf Green betont, dass Pluto uns lehrt, diese Gegensätze in uns selbst zu integrieren. Heute, in einer Zeit der individuellen Selbstermächtigung, wird es immer wichtiger, auf äußere Gurus zu verzichten und stattdessen der eigene Guru für den eigenen Weg zu werden. Das bedeutet, die plutonische Energie nicht mehr als äußere Autorität zu projizieren, sondern als transpersonale Kraft in sich selbst zu erkennen und zu leben – mit allen ihren Aspekten: Licht und Schatten, Macht und Ohnmacht, Schöpfung und Zerstörung.

Magie ist die Gabe, die uns mit dem Unsichtbaren verbindet. Sie gibt uns Macht – doch sie fordert auch Opfer. Der Magier-Archetyp lehrt uns: Wer die Unterwelt betritt, kommt verändert zurück. Doch der größte Zauber ist die Erkenntnis, dass wir selbst die Magier unseres Lebens sind.